Freiheiten der Untertanen 1694
Original
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Ob ainer den andern mit verpotner weer wüerf, mit spießen oder sämblichen
weem schlüeg - verpotne weer sein perk - oder creuzhaken, pleikugel, stain
und dergleichen - oder wo ainer ain messer nicht auszeucht oder den spieß
auf zeucht oder aber hinderwerts schlecht, soll man den thatter straffen umbs
groß wandl; wo er aber das messer zügkt oder den spieß auszeucht und besche-
digt, soll er ainem den schaden abthuen und 72 pfennig zu wandl geben.
Ob ainer dem andern uberfang thätt - mit was das were oder beschäch - es wäre
mit der Sichel oder segens, zu feldt oder wismadt oder aber zu holz, soll man
den verprecher, so ofts beschiecht, umbls klain wandl straffen. Obs aber
ain junger paur oder holt auf ainem guet, die erst darauf körnen,und die march
nit wisstn, ist er umb die erst ubertrettung nicht schuld, allein das er
dem sein thraid, graß oder holz widergibt; wils derselb aber nit thain, sol
durch den ambtman oder herrschafft aufm strittigtn ort beschau gehalten wer-
den.
Wo ainer, wann ain wolkenpruch oder schwärer platzregen wäre, auslüff und das
wasser ab seinen gründen ainem in aker, wismadt oder andere gründ wider alt
herkcmen keret oder zue nachteil wendet, denselben verprecher soll die herr-
schafft umbs groß wandl straffen und ime darzue halten, das dem seine Schäden
widergekeret werden.
Ob ainer dem andern in seine hölzer füer und im haimblich ettlich stämb ab-
schlüeg, soll in die herrschafft straffen von ainem ieden stok umbs groß
wandl und darob sein, das er dem sein holz bezall.
Ob ainer dem andern seine leichweg, schmidtweg, müllweg, prunweg verhielt,
vergrueb oder verschlueg, denselben, so ers wider alt herkcmen thuet, soll
man umb das groß wandl straffen und gepietn, das er dam sein weg, wis herko-
men, laß.
Wer von ungeweltigen poten oder eehalten was abkauft, wie mans halten soll ?
Wan solches beschäch durch alt frauen oder ander personnen, die unvogtparn
kindern oder eehalten was abkauftn und anlernten, inen solches zu geben -es
weere aus dem haus, getraid, mel, grieß, schmalz, fleisch, salz und anders -
soll man die alt person, so solches die jung gelernt, wie ainen andern dieb
straffen, dann durch solch anlernung dieb geziglt werden.
Wan solches beschäch bei der herrschafft, das ainer aine wieder iren willen
bezwung oder bendiget, soll die frau oder junkfrau mit geflokten har und aus-
gespanten armen laufen und solches laub und graß clagen, bis si zue der Ob-
rigkeit kombt. Alsdann soll sich die Obrigkeit nach im stellen, ime venklich
annemen und an das ort oder stat, daran er das werk begangen, füern und ainen
aichen steken durch im schlachen.
Ob ainer dem andern sckmerpaumb abschlüeg, es wären aichen, pierpaumb, felber
oder andere paumb die frücht tragen oder dadurch das getraid gefridt wiert,
soll die Obrigkeit von ime nemen das groß wandl von iedem paumb, sovill der
abgeschlagen, gestimblt oder durchport hat, das die döm; darvon gehörn dem
ambtman 60 kreuz er.
Wo solches beschiecht, das ainer dem andern seine march ausgrüeb und verke-
ret - rinnende oder anderre march - denselben soll die herrschaFft umb ain
ietlich march sovill er verkeret, um das groß wandl straffen und das march
wider machen. Ist dem schaden daraus ervolligt, sol im auch durch in abgethan
werden.
Wo ain sterbhaupt gefeit, sol das habtviech nach dem besten gencmen werden.
Wo aber solches die erben bei der stat beieiben zu lassen begeren, sol man
inen das umb ain zimblich gelt anschlagen, das damit das guet gepaurt werde.
Weer seinen grund und kucheldienst von besitzenden güetern oder ledigen stük-
ken 14 täg vor oder nach Maria geburtstag Im hörbst nit gebn und bezahlen
wierde, ist der underthan das wandl schuldig 72 kreuzer, mehr über 14 täg
aber sovill; versöß er aber 3 I4äg, daß er dienst und wandl nit gäb, so hat
er sein gerechtigkeit verfallen gegen der herrschafft, doch auf gnadt.
Quellennachweis :
Theresianisches Gültenbuch Filmrolle 158 im Landesarchiv Linz
Diese und weitere Vorschriften wurden beim jährlichen sogenannten "Taiding"
kundgemacht cder in Erinnerung gebracht. Zu diesem Taiding mußte von jeder
Besitzung eine Person erscheinen. Für die Im Amt Harmannsdorf Ansässigen,
dazu gehörte auch das Thannergut, war Versammlungsort die Taferne (Wirtshaus)
in Großendorf. Versammlungstag war Mittwoch nach Philippi.
Übersetzung
Wenn einer einen anderen mit einer verbotenen Waffe schlägt - eine verbo-
tene Waffe ist Berg - oder Kreuzhacke, Bleikugel, Steine und dergleichen-
oder wenn einer ein Messer oder einen Spieß zieht oder von hinten schlägt,
soll man den Täter mit der großen Geldbuße bestrafen; der Täter soll den
Schaden wiedergutmachen und 72 Pfennig als Geldbuße zahlen.
Wenn einer über seine Grenzmarkierung hinaus erntet, es wäre mit der Sichel
oder mit der Sense, auf dem Acker, der Wiese oder im Wald, so soll man den
Verbrecher für jedesmal mit der kleinen Geldbuße belegen. Wenn es aber ein
junger Bauer tut, der erst auf das Gut gekommen ist und der die Grenzmar-
kierung nicht kennt, so ist er an der ersten Übertretung nicht schuld, er
muss aber dem Geschädigten das Getreide, Gras oder Holz wiedergeben. Tut
er das aber nicht, so soll der Amtmann oder die Herrschaft am strittigen
Ort Nachschau halten.
Wenn einer bei einem Wolkenbruch oder schwerem Platzregen das Wasser von
seinem Grund auf den Acker, die Wiese oder Gründe eines anderen gegen altes
Herkommen ableitet, den soll die Herrschaft mit der großen Geldbuße bestra-
fen und ihn dazu verhalten, dass er die Schäden gutmacht.
Wenn einer im Wald eines anderen heimlich einige Stämme schlägt, den soll
die Herrschaft von jedem Stock mit der großen Geldbuße belegen und darauf
achten, dass er das Holz bezahlt.
Wenn einer des anderen Leichenweg, Schmiedweg, Mühlweg, Brunnweg vergrabe
oder verschlüge, den soll man, wenn er es gegen alten Brauch tut, um die
große Geldbuße strafen und ihm befehlen, dass er den fremden Weg so belässt,
wie er war.
Wer von Unbefugten oder Dienstboten etwas kauft, wie soll man das halten ?
Wenn solches durch alte Frauen oder andere Personen geschieht, die Kindern
oder Dienstboten etwas abkaufen und sie anlernen, ihnen etwas zu geben,
z.B. aus dem Haus, Getreide, Mehl, Grieß, Schnalz, Fleisch, Salz und an-
deres, so soll man die alte Person wie einen anderen Dieb bestrafen, weil
durch solches Anlemen Diebe herangezogen werden.
Wenn es bei der Herrschaft geschähe, dass einer eine Frau oder Jungfrau gegen
ihren Willen vergewaltigt, soll diese mit zerrauftem Haar und ausgestreck-
ten Armen laufen und das Geschehene dem Laub und Gras klagen, bis sie zur
Obrigkeit kommt. Die Obrigkeit soll den Täter fangen und an dem Ort, wo
die Untat geschehen ist, einen eichenen Stecken durch ihn schlagen.
Wenn einer dem anderen fruchttragende Bäume abschlägt, den soll die Obrig-
keit um die große Geldbuße strafen und zwar von jedem Baum, den er abge-
schlagen oder- durchbohrt hat, dass diese dann verdorren. Von der Geldbuße
gehören 60 Kreuzer dem Amtmann.
Wenn einer dem anderen Grenzmarkierungen ausgräbt und versetzt, seien es
rinnende oder andere, den soll die Herrschaft für jedes versetzte March
mit der großen Geldbuße bestrafen und das March wiederherstellen. Wenn dar-
aus ein Schaden entstanden ist, soll dieser wiedergutgemacht werden.
Wenn ein Sterbhaupt anfällt, soll das zweitbeste Stück Großvieh genommen
werden. Wenn aber die Erben bitten, dass dieses auf dem Hof bleibt, soll
man das Vieh angemessen in Geld ablösen lassen, damit der Hof erhalten wer-
den kann.
Wer seinen Grund - und Küchenabgaben 14 Tage vor oder nach Mariä Geburt
im Herbst nicht leistet und bezahlt, derjenige Untertan ist 72 Kreuzer Geld-
strafe schuldig; bei über 14 Tage Verzug das doppelte. Lässt er aber 3 mal
14 Tage verstreichen ohne Abgabe und Geldstrafe zu leisten, so hat er seine
Besitzrechte an die Herrschaft verloren. Die Herrschaft aber soll gnädig
sein.